1968 beschlossen einige Bürger- in Ermangelung anderer Gartenbewirtschaftungs- und Gestaltungsmöglichkeiten – einen Gartenverein zu gründen. Einer der Hauptgründer ist hier besonders zu nennen – Herr Ewald Rammonat – dieser fungierte auch bis 1976 als erster Vorsitzender des gegründeten Vereins.
Die Gründung war zunächst ein nicht ganz einfaches Unterfangen, denn die damalige Stadtverwaltung war trotz mehrmaliger Nachfrage zu jener Zeit nicht bereit, dieses Vorhaben durch die Bereitstellung eines entsprechenden Geländes zu unterstützen.
So machte man sich auf eigene Faust auf die Suche nach einem größeren zusammenhängenden Gelände und wurde 1968 am damaligen Ortsrand fündig. Die Eintragung beim Amtsgericht (damals noch Ingelheim) erfolgte am 09. Februar 1969. Dies ist auch der offizielle Gründungstermin des Gartenvereins Ingelheim.
Doch bis die ersten Radieschensamen gesät, die ersten Zwiebeln gesteckt und die erste Wurst gegrillt werden konnte, musste so mancher Schweiß vergossen und mancher Rückenschmerz ertragen werden.
Zunächst wurde ein alter Weinberg entfernt und mehrere Obstbäume gefällt. Erst nach umfangreichen Rodungsmaßnahmen zum Entfernen des üppigen Wurzelwerks war es möglich, die ersten Parzellen abzustecken und einen provisorischen Außenzaun zu erstellen. Sofort gingen die ersten Kleingärtner an die Bestellung der Gärten, das Anlegen kleiner Rasenflächen und das Pflanzen junger Bäume.
Doch ohne Wasser lässt sich im Sommer nichts machen! Dank des großzügigen Entgegenkommens der Gärtnerei Roos war es möglich, einen Wasseranschluss zu bekommen, der von der Gärtnerei nicht mehr genutzt wurde.
Als nächste Pionierarbeit der damaligen Kernmannschaft war die Verlegung einer Wasserleitung vorgesehen. Viele Stunden freiwilliger Gemeinschaftsarbeit waren notwendig, um auch diese grundsätzliche Angelegenheit zu lösen. Doch dann konnten die mittlerweile 44 Kleingärtner endgültig einmal aufatmen, denn dem Wachstum der Jungpflanzen stand nun nichts mehr im Wege.
Eifrig ging man zu Sache und schon nach wenigen Monaten blieb dem auf der Wilhelm-von-Erlanger-Straße vorbeikommenden Autofahrer der leuchtend grüne Fleck hinter der Gärtnerei Roos nicht mehr verborgen.
Und so wie die Bäume wuchsen, Obst und Gemüse gesät und gepflanzt und im Laufe des Jahres geerntet wurden, so wuchs und entwickelte sich der Verein über die Jahre. Die Mitgliederzahl stieg, neues, angrenzendes Gelände konnte hinzugepachtet und erschlossen werden. Der provisorische Außenzaun hatte mittlerweile einer stabilen Version Platz gemacht, und dem Bedürfnis nach PKW-Abstellmöglichkeiten wurde durch die Anlage eines Parkplatzes Rechnung getragen. Als Neuerung hatten auch Gartenlauben Einzug gehalten. Kleine, 12 qm große Holzhäuschen schmückten mittlerweile mehrere Gartenparzellen, und stolze Besitzer saßen auf kleinen Rasenstücken davor, wenn die Blumen- und Gemüsebeete versorgt waren.
Der Gartenverein war zur damaligen Zeit in Ingelheim und Umgebung schon ein Begriff. Das zeigte die Mitgliederliste von 60 Pächtern sowie eine umfangreiche Interessenten-Warteliste. Folglich wurde, wann immer möglich, das Gelände durch Zupachten und Kauf vergrößert, so dass im Jahre 1994 schon insgesamt 82 Gartenfreunde 150 bis 350 qm große Gartengrundstücke bearbeiteten.
Mit stillem Dahinwursteln ist es aber in einer solchen Gemeinschaft nicht getan. In den ersten 25 Jahren waren nicht nur die Anfangsjahre durch umfangreiche Gemeinschaftsarbeit geprägt. So wurde z.B. 1988 ein Gerätehaus in Holzbauweise erbaut, bei dem auch eine Toilettenanlage vorgesehen war.
Dann zeigte sich 1989 die 1970 konzipierte Wasserversorgungsanlage der gestiegenen Mitgliederzahl nicht mehr gewachsen. Eine umfangreiche Erneuerung und Vergrößerung des Netzes wurde dringend notwendig. Gleichzeitig wurde neben dem an der Wilhelm-von-Erlanger-Straße gelegenen Absperrschacht endlich auch ein zweiter Absperrschacht innerhalb des Gartengeländes installiert.
Dieser musste dann leider ein knappes halbes Jahr später schon als Wasser-Nothalt betätigt werden – und das um 1 Uhr nachts –
als nämlich das Gerätehaus des Vereins durch Brandstiftung ein Raub der Flammen wurde. Dabei barst die im Haus befindliche Wasserleitung und Wasser lief unkontrolliert aus. Trotz des Einsatzes
der Ingelheimer Feuerwehr konnte am Ende nur noch ein Totalschaden des Hauses einschließlich des Inhalts vermeldet werden.
Diese bedauerliche Situation wurde aber dann von den Mitgliedern beherzt als Neuanfang genutzt. Mit Unterstützung von internen und externen Sponsoren sowie unbürokratischer Hilfe durch die Stadtverwaltung Ingelheim entstand das heutige Gemeinschaftsgelände. Und man machte Nägel mit Köpfen! Neben einem stattlichen Werk- und Arbeitsraum und einer Toilettenanlage verfügte das Haus zu 1990 auch über einen 40 qm großen Veranstaltungsraum der ab da so manche Veranstaltung und Feier erlebt hat.
Ebenso wurde eine Teil-Elektrizifierung des Gartengeländes vorgenommen, um im Gemeinschaftshaus und an anderen Stellen elektrische Geräte betreiben zu können, die ihrerseits die Gemeinschaftsarbeit erleichtern. Auch hier ist wieder die Gärtnerei Roos zu erwähnen, die dem Verein eine nicht mehr genutzte Leitung zur Verfügung stellte.
Weiterhin wurde ein anliegender Garten nicht mehr verpachtet, um für die Kinder einen Spielplatz zu erstellen. Gleichzeitig wurde der Parkplatz West auf das Doppelte seiner ursprünglichen Größe gebracht und der Eingang verlegt, wodurch die Sicherheit, insbesondere beim Verlassen des Geländes, erhöht wurde.
Heute verfügt der Gartenverein Ingelheim e.V. über eine Gemeinschaftsanlage, die sich harmonisch in das Gesamtbild des Gartenvereins einfügt und auf die die Mitglieder stolz sind.
Stolz allerdings können die Pächter in erster Linie auf sich selbst sein. Das Wenigste der Gemeinschaftsarbeit wurde durch externe Unternehmen erledigt.
Hier jedoch war vor allem Herr Rehm (Baufirma Rehm) immer wieder bereit, mühsame und schweißtreibende Gemeinschaftsarbeiten, wie z.B. das Öffnen und Schließen von Gräben zu vermeiden, indem er uns für seine Baumaschinen einen „grünen Tarif“ gewährte. Doch der Rest der Arbeit lief immer nur durch freiwilligen Einsatz aller Gartenfreunde.
Nebenbei musste der eigene Garten versorgt werden. Und wenn man heute eine Runde durch die Anlage geht, dann ist ein Garten schöner als der andere. Gewiss gibt es Unterschiede, doch ein Sprichwort sagt: „Was dem einen sei Hut, ist dem anderen sei Kapp“. Und so wollen wir es auch in unserer Anlage halten!
Durch ein bewusst knapp gehaltenes Regulathorium darf sich heute jeder Pächter weitgehend seinen Garten so gestalten, dass er sich „zuhause“ und wohl fühlt. Dadurch haben wir liebevoll gestaltete Gärten, von denen jeder einzelne wert ist, in Ruhe betrachtet und bewundert zu werden.
Heute finden Sie neben „uralt“ zu nennenden Baumbestand urwüchsige Hecken, in denen sich viele Vogelarten wohl fühlen. An Teichanlagen findet man Wasserläufer und Libellen ebenso wie Frösche. Auch hatten sich schon des Öfteren Entenmamas an den Teichen angesiedelt und ihre Jungen aufgezogen. Diese wurden aber immer nach einem gewissen Zeitraum an den nahe gelegenen Ikasee umgesiedelt, da den Enten das Gemüse im Garten auch immer sehr schmackhaft war und mancher Gärtner in diesem Jahr auf Salat und Gemüse verzichten musste.
Wer einmal abends nach 20 Uhr auf dem Rasen vor dem Gartenhaus die Abendruhe und das vielstimmige Vogelgezwitscher gehört und genossen hat, der weiß, wie viel uns die Anlage im Gartenverein Ingelheim e.V. bedeutet.
Und lassen wir auch die ökologische Bedeutung einer solchen Gemeinschaft nicht außer Acht.
Kleingärtner zeichnen sich heute zunehmend dadurch aus, dass sie es „auch mal alternativ probieren“. Die Natur dankt dies mit gesundem Obst und Gemüse, mit frischer Luft und insbesondere mit immer umfangreicherem Artenreichtum bei Vögeln und Insekten.
So tragen wir heute als Gartenverein Ingelheim mit dazu bei, dass Ingelheim über ein grünes und gesundes Fleckchen verfügt, das ein wichtiges Glied in der Regenerierung unseres angeschlagenen Ökosystems ist. Besonders die Blumen und Blüten der Obstbäume sind für unsere immer mehr zurückgehende und bedrohte Bienen und Insektenwelt sehr wichtig. Die Mitglieder des Gartenvereins sind sich dieser Tatsache bewusst und werden auch weiterhin daran arbeiten und sich für eine gesundende Region einsetzen.